Anne-Sophie Hennique empfängt uns in ihrem Garten in Avize im Herzen der Côte des Blancs. Ob wir einen Kaffee möchten, fragt sie. Wir bejahen und hoffen still, dass dies nicht das einzige Getränk bleibt, das sie uns heute anbietet.
Anne-Sophie stammt aus Versailles, studierte an der Sorbonne Literatur, publizierte 2022 ihren ersten Roman und lebt seit zehn Jahren in der Champagne. Lange arbeitete sie in der Marketingabteilung von Salon, dem wohl exklusivsten Champagnerproduzenten, den es gibt. Nun lanciert sie zusammen mit ihrem Lebenspartner Gaëtan Gillet mit Champagne du Goupil ihre eigene exklusive Champagnermarke, durchaus inspiriert von ihrem vormaligen Arbeitgeber: Champagne du Goupil gibt es nur als Jahrgangschampagner, es wird ausschliesslich Chardonnay aus Grand-Cru-Lagen verwendet und das Hefelager dauert mindestens acht Jahre. Der Erstlingsjahrgang, der gerade in den Verkauf gelangt, ist 2013.
In einem Punkt freilich ist Champagne du Goupil exklusiver als Salon: Es werden jährlich nur rund 1 000 Flaschen abgefüllt. Und es gibt da noch etwas, das Champagne du Goupil vom Traditionshaus unterscheidet: Es hört auf den Namen Jean-Patrick und ist ein Schwein, Anne-Sophies Hausschwein. Mit seiner unbestechlichen Nase ist es seit sechs Jahren Teil der équipe Goupil. Dass Jean-Patrick in die Champagne zog, will übrigens etwas heissen. Er stammt nämlich aus dem Burgund, wo es wahrlich nicht wenige Verlockungen für Schweine – und Menschen – gäbe.
Mittlerweile ist schon der zweite Kaffee getrunken, aber Champagner wurde uns immer noch keiner angeboten. Dafür fährt Gaëtan mit seinem Jeep vor und lädt uns auf eine Tour durch die Reben ein. So nähern wir uns vielleicht dem Champagner, denken wir, und steigen ein. Und tatsächlich: Wir machen Halt vor einem versteckten Keller, aus dem Anne-Sophie und Gaëtan eine Flasche millésime 2013 hervorzaubern.
Als erstes fällt uns auf: Jean-Patrick ist nicht das einzige animalische Element von Champagne du Goupil. Denn das Etikett ziert ein Fuchs oder genauer gesagt ein goupil, wie man dieses Tier auf Altfranzösisch nennt. Wer vom Winzerpaar der Fuchs ist, erraten wir nicht nur wegen Anne-Sophies roter Haare, sondern auch, weil sie für das Marketing und den Vertrieb zuständig ist. Herr im Weinberg und im Keller ist Gaëtan, ein Champagnertausendsassa, der bereits in seinen Zwanzigern eine eigene maison de Champagne zum Erfolg führte und nun neben Champagne du Goupil ein weiteres Winzerprojekt, das nur Einzellagenchampagner keltert, aufbaut.
Gustatorisch ist der Fuchsenchampagner allerdings das Gegenteil von animalisch. Vielmehr ist er mit Anne-Sophies Herkunftsort vergleichbar: aristokratisch. Eine moderne Version des Schlosses von Versailles im Glas sind wir versucht zu sagen, mit präsenter Säure, noblem Briocheton und distinguierter Mineralik. Passend zu diesem Vergleich beenden wir unsere Führung im alten Château d’Avize. Nur nebenbei bemerken Anne-Sophie und Gaëtan, dass sie diese Schloss vor Kurzem gekauft haben und nun renovieren. Salon muss sich in Acht nehmen.