Rebschnitt
Der Rebschnitt, la taille, ist eine Wissenschaft für sich. Man könnte sich sehr ausführlich dazu äussern. Wir versuchen, es kurz zu machen.
Wie so vieles ist in der >AOC Champagne auch der Rebschnitt streng reglementiert, und zwar seit 1938. Zulässig sind vier Arten, den Reben das Haupt zu frisieren: Chablis, Cordon, Guyot und Vallée de la Marne (nur für die >Traubensorte Meunier). Setzt der Rebenfrisör zu einem Chablis-Schnitt an, sieht der Rebstock aus wie eine Spinne, der man die Hälfte der Beine ausgerissen hat. Der Cordon erinnert an einen Glatzkopf, dem vereinzelte Haarschübel verblieben sind. Einen Guyot könnte man mit Nick Carter in seinen besten Jahren verwechseln und der Vallée-de-la-Marne-Schnitt ist ein anderer Name für die Frisur von Brad Pitt, wenn er gerade wieder eine Rossschwanzphase durchmacht. Wer übrigens nicht (mehr) weiss, wer Nick Carter ist: Er war Mitglied der Backstreet Boys und erreichte den Höhepunkt seiner Karriere mit 16 Jahren. Wenn Sie ebenfalls nicht (mehr) wissen, wer die Backstreet Boys sind, müssen Sie sich nicht beunruhigen. Sie sind sicher nicht der einzige.
Was am Menschen unvorteilhaft aussehen kann, steht den Reben in der Champagne hervorragend und trägt entscheidend dazu bei, dass Champagner so gut ist, wie er ist. Denn nur wenn eine Rebe richtig frisiert ist, trägt sie die optimale Menge Trauben in der richtigen Grösse.
Dass die Reben so schmuck aussehen, wie man sich das wünscht, ist eine zeitraubende, anstrengende und nie endende Arbeit. Jedes Jahr müssen die Reben aufs Neue präzis geschnitten werden. Die Schnittarbeiten können bereits kurz nach der >Lese beginnen, pausieren in der Regel für einige Wochen im Dezember und Januar und beginnen spätestens im Februar wieder. Sie enden, wenn der Austrieb beginnt.
Im weiteren Sinn ebenfalls zum Rebschnitt gehört die Kunst der liage. Das ist ein unübersetzbares Wort für das Anbinden der Reben an Stöcke und Stützdrähte.
Nicht im eigentlichen Sinn zum Rebschnitt gehört das Stutzen der Reben ab Juni, auch wenn dafür Scheren und andere Schneidgeräte eingesetzt werden. Durch das Abschneiden wuchernder Triebe erzieht man die Rebe nicht, wie es beim Rebschnitt der Fall ist, sondern der Winzer beabsichtigt, den Trauben durch eine Reduktion des Grünanteils der Pflanze mehr Kraft zukommen zu lassen. Zu grosszügig darf man beim Stutzen aber nicht sein, weil die Trauben sonst an der Sonne «verbrennen» und die Rebe ohne genügend Blätter in einen zu grossen Stress gerät.
Nur noch wenig verbreitet, weil sehr zeitintensiv und nur von Hand möglich, ist der tressage, das Zöpfeln der Reben. Der tressage hat denselben Zweck wie das Stutzen der Reben, erreicht ihn aber ohne Verletzung der Pflanze. Werden die nach oben schiessenden Zweige eines Rebstocks zu einem Zopf geformt, stoppen sie das Wachstum instinktiv. Einige unserer Winzerinnen und Winzer zöpfeln ihre Reben noch, z. B. Amaury Beaufort .